2. März 2021 8 Minuten Lesezeit Erklärfilme
Was Sie aus diesem Artikel mitnehmen:
Wer sich erstmalig mit Tools zur Produktion und Distribution von Lerninhalten beschäftigt, der stolpert früher oder später über die Begriffe SCORM, AICC oder xAPI. Von „standardisierten Schnittstellen“ oder „Referenzmodellen“ ist da oft die Rede. Gerade E-Learning Neulinge dürften aber nur ein diffuses Verständnis haben, was genau sich dahinter verbirgt und welche Rolle diese Schnittstellen bei der Nutzung von Lernsoftware und Lerninhalten überhaupt spielen. Die gute Nachricht: Im L&D Alltag muss man sich im Idealfall nur selten näher damit beschäftigen.
Doch gerade jetzt, da viele Unternehmen eine digitale Lernwelt aufbauen wollen und sich auf die Suche nach einem passenden Learning Management System (LMS) und/oder Autorentool machen, werden SCORM und xAPI oft als Merkmale herangezogen, mit dem man die Systeme miteinander in Verbindung bringen kann. Damit man aber aus den Angaben des Anbieters die richtigen Schlüsse ziehen kann, möchten wir in diesem Artikel etwas näher auf die Bedeutung der unterschiedlichen Versionen eingehen.
Was ist denn eine Schnittstelle überhaupt? Im E-Learning Kontext lässt sich vereinfacht sagen: Eine Schnittstelle sorgt für ein reibungsloses Zusammenspiel zwischen der Lernplattform und dem Lerninhalt: Texte, Bilder, Videos in einem digitalen Training sollen in der richtigen Formatierung an der richtigen Stelle angezeigt werden, beim Klick auf einen Button soll die gewünschte Aktion passieren. Nach Beendigung eines Trainings soll dieses als „durchgeführt“ markiert werden. Damit dies anbieterübergreifend und weltweit bei allen Trainings auf allen Lernplattformen funktionieren kann, sind Standards bei der Erstellung der Lerninhalte unumgänglich – gehen wir also ins Detail.
Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle zunächst kurz „AICC“ erwähnt – der erste E-Learning Standard, der 1988 entwickelt wurde, mittlerweile aber nahezu ausgestorben ist. Im heutigen Einsatz spielt er praktisch keine Rolle mehr.
Im Jahr 2000 wurde erstmalig das „Sharable Content Object Reference Model“, kurz SCORM, vorgestellt. Initiiert wurde der Standard von der Advanced Distributed Learning Initiative (ADL), einer Organisation, die 1997 vom US-amerikanischen Verteidigungsministerium gegründet wurde. Die Verson 1.2 (vorgestellt 2001) war dann so ausgereift, dass der Weg für die weltweite Verbreitung von SCORM geebnet war. Ab 2004 wurden weitere Versionen veröffentlicht. Die jüngste ist die „SCORM 2004 4th Edition“. Vorgestellt bereits in 2009, hat aber auch sie ein für digitale Verhältnisse ungewöhnlich hohes Alter.
Aber wie genau funktioniert SCORM denn nun? Das Referenzmodell besteht im Wesentlichen aus drei Bausteinen, die die technischen Spezifikationen definieren:
Der Baustein RTE enthält die Spezifikationen eines gemeinsamen Datenmodells und einer Anwendungsprogrammschnittstelle (API). Hiermit wird die grundsätzliche Kommunikation zwischen dem Lerninhalt und seiner „Laufzeitumgebung“, also dem Learning Management System, ermöglicht. Beispielsweise kann dadurch ein Training den Lernfortschritt des Users an das LMS zurückspielen. Beim nächsten Einloggen kann der User dann dort wieder in das Training einsteigen, wo sie/er zuletzt aufgehört hat. Oder aber der Lerninhalt meldet den Status „beendet“ zurück, so dass das LMS den Kurs entsprechend in der Trainingshistorie des Users kennzeichnet.
Das CAM definiert und organisiert alle Dateien, die Teil eines Lernpaketes sein können. Den Dateien werden unterschiedliche Funktionen und Metadaten (z.B. Schlagwörter, die Lerndauer, die Versionsnummer) zugewiesen, wodurch deren späteres Auffinden über die Suchfunktion des LMS ermöglicht wird. Die im CAM festgehaltene Organisationsstruktur ermöglicht auch den problemlosen Austausch der Lerninhalte mit verschiedenen Lernumgebungen. In der Praxis bedeutet das, dass ein Autorentool aus dem Training ein entsprechend strukturiertes Datenpaket erstellt, das als ZIP-Datei exportiert werden kann. Jedes SCORM-konforme LMS ist in der Lage, die Inhalte aus der ZIP-Datei korrekt zu importieren.
In dem Baustein “Sequencing and Navigation” wird die Abhängigkeit der Reihenfolge von Inhaltselementen (Sequencing) und Navigationsereignissen geregelt. So kann z.B. definiert werden, dass Lernende ein Video in einem Training erst zu 80% angeschaut haben müssen, bevor ein Button erscheint, mit dem zum nächsten Kapitel navigiert werden kann.
Zeit für was Neues
Die drei beschriebenen Bausteine haben sich in den Grundzügen, seit SCORM 2004, kaum verändert – kein Wunder also, dass sie irgendwann nicht mehr mit den gestiegenen Ansprüchen von Trainingsverantwortlichen mithalten konnten. Es musste also ein neuer Standard her, der umfangreichere Auswertungen des Lernverhaltens ermöglicht und gleichzeitig auch die Nutzung neuer Lerntechnologien mit einbezieht. Nach einer mehrjährigen Entwicklungsphase war es wieder die ADL, die 2013 die erste xAPI Version veröffentlichte. Zwischenzeitlich hatte das Projekt den Namen „Tin Can“, eine Bezeichnung, die heute immer noch fälschlicherweise als Synonym für xAPI verwendet wird.
Im Gegensatz zu SCORM, das nur Daten in einem klassischen LMS erfassen kann, ist xAPI wesentlich flexibler und kann in jeder digitalen Umgebung implementiert werden, also z.B. auch in einem eBook-Artikel, einer Smartphone-App oder einer Simulation mit Virtual Reality Hardware. Während SCORM nur eine Handvoll an verschiedenen „Zuständen“ eines Trainings erfasst (Training begonnen, Training beendet, Training erfolgreich abgeschlossen…), können über das Regelwerk von xAPI unendlich viele und detailliertere Informationen erfasst werden, z.B. welchen Text ein User in ein Freitextfeld eingegeben hat oder dass ein bestimmter Teil eines Videos mehrfach angeschaut wurde.
Passenderweise steht das „x“ in xAPI für „Experience“. Dank der Flexibilität des Standards lässt sich nämlich ganzheitlich die Lernerfahrung eines Users erfassen: und das Geräte- und Kursübergreifend. xAPI bietet also im Vergleich zu SCORM ungeahnte Möglichkeiten – jedoch hat die Sache einen Haken: Wer das volle Potenzial nutzen will, der muss dafür sorgen, dass zum einen der erstellte Lerninhalt überhaupt in der Lage ist, die gewünschten Informationen zu generieren, und zum anderen, die Lernumgebung die angelieferten Daten auch richtig interpretieren kann. Leider gibt es für beides keinen Automatismus.
Während SCORM die Autorinnen und Autoren weitestgehend von den Abläufen im Hintergrund entlastet, erfordert xAPI doch einiges an technischem Know-how und Programmierfähigkeiten, um den Standard überhaupt nutzen zu können.
Stellt sich nun die Frage, wie uns diese Infos zu SCORM und xAPI nun bei der Auswahl des richtigen Autorentools oder LMS weiterhelfen?
Die Anzahl an SCORM Versionen ist zwar überschaubar, dennoch sind die Unterschiede groß genug, dass es zu Kompatibilitätsproblemen kommen kann. Wenn Sie z.B. ein nach dem SCORM 2004 Standard erstelltes Training in einem LMS mit SCORM 1.2 einspielen, könnte der weiter oben beschriebene Button eben nicht auftauchen, sobald 80% des Trainings absolviert wurden. Da die technischen Vorteile von jüngeren SCORM Versionen gegenüber älteren überschaubar sind, ist man immer auf der sicheren Seite, wenn man auf die älteren Versionen setzt, um so die maximale Kompatibilität zu gewährleisten. Insofern ist ein Autorentool das „nur“ SCORM 1.2 unterstützt nicht per se schlechter. Idealerweise nutzen Autorentool und LMS dieselbe Version – denn so können technische Probleme weitestgehend ausgeschlossen werden.
Was xAPI angeht bieten sich somit beeindruckende Möglichkeiten, das Lernverhalten der Zielgruppe zu analysieren. Nur ist das eben kein Selbstläufer, bei dem sich automatisch auf Knopfdruck eine schön gestaltete Auswertung generieren ließe. Entweder sind interne Skills und Ressourcen notwendig, um das Potenzial von xAPI auszuschöpfen, oder aber die Auswertungen müssen extern durch einen Dienstleister erstellt werden.
Wenn Ihnen der Hersteller eines Autorentools oder LMS also „xAPI-Kompatibilität“ verspricht, sollten Sie genau hinterfragen, ob das für Sie wirklich relevant ist. Dürfen Sie überhaupt so viele Daten sammeln? Stichwort Datenschutz! Oder wollen Sie das überhaupt? Vielleicht reichen Ihnen die Daten, die Sie über SCORM erfassen können, ja völlig aus.
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Wie immer tut hier eine ausführliche Beratung gut, um die passenden Fragen zu stellen und frühzeitig die richtigen Weichen zu stellen. Wenn Sie Fragen zum youknow Autorentool oder dem Learning Management System haben, zögern Sie nicht, uns damit zu löchern. Wir freuen uns auf Ihren Anruf.
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Ken Weid, Key Account Manager
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